Was Wolf of Wall Street & Hangover gemeinsam haben

17.01.2014 - 09:30 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
The Wolf of Wall Street
Universal
The Wolf of Wall Street
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Fünf Oscar-Nominierungen gingen gestern an The Wolf of Wall Street, bei dem nicht nur die filmische Verwandtschaft zu Goodfellas auffällt, sondern vor allem die Nähe zu so unterschiedlichen Werken wie Hangover, Spring Breakers und The Bling Ring.

Als der splitternackte Ken Jeong in Hangover aus einem Kofferraum sprang, dachte wohl noch niemand, dass sein Mr. Chow zu einem der populärsten Elemente des Franchises werden würde, in den nachfolgenden beiden Filmen ausgeschlachtet bis zum Erbrechen. Der Teil mit dem “Erbrechen” liegt allerdings in seiner Natur. Chow ist ein Psychopath und Egomane, ein Gangster ohne Empire, ein geschmackloses Monster, ständig auf der Jagd nach Geld, Gold, Drogen, ohne Sinn und Verstand. Er ist eine Karikatur ohne Scham, die personifizierte Nacht, an die sich die Jungs in Hangover nicht mehr erinnern können. Bis er aus dem Kofferraum springt. Mr. Chow ist ein Gimmick, wie der Tiger, das Baby und Mike Tyson. In The Wolf of Wall Street wird Mr. Chow zum Hauptdarsteller, nur heißt er hier Jordan Belfort und wird von Leonardo DiCaprio gespielt.

“Can we get much higher? So high / Oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh.”

Bei genauerem Hinsehen ist Mr. Chow überall. Okay, vielleicht nicht in Liebe oder Nader und Simin – Eine Trennung. Doch seine Spuren finden sich in einigen Filmen aus den letzten Jahren. Denn müsste Mr. Chow durch ein Wort definiert werden, dann fiele die Wahl auf “Exzess”. Es ist der Exzess, den Crank und Crank 2: High Voltage als handlungstreibendes Moment nutzen, was eigentlich ein Widerspruch ist, aber dazu später mehr. Es ist der Exzess, dem die Hangover-Jungs hinterherhasten, der Project X und seinem Abklatsch 21 and Over in Beschlag nimmt, der die Spring Breakers in die Bude eines Aliens bringt und die Kids aus The Bling Ring in Knast und Fernsehen.

Der Begriff selbst wird häufig für ausladende Actionszenen gebraucht, welche die Handlung zum Stillstand bringen und die niederen Freuden an berstendem Metall und blutigen Nasen für kurze Zeit die Oberhand gewinnen lassen. Die Filmwissenschaftlerin Kristin Thompson definierte den cinematic excess dagegen durch die filmischen Mittel, die in Traumsequenzen, Rauschszenen und ähnlichem auf sich selbst aufmerksam machen. Doch so abstrakt soll der Exzess hier gar nicht gedacht werden. Nehmen wir das Wort wörtlich, geht es um maßlose Ausschweifungen und die sind gängigen gesellschaftlichen Normen zufolge negativ vorbelastet. Normalerweise stehen sie deswegen im starken Widerspruch zur tradionellen Heldenreise, welche die Erzählung vieler Filme dominiert. Der Held wird über Umwege erwachsen, er rettet die Prinzessin vor dem Drachen, schmeißt den Ring in den Schicksalsberg oder bricht einem Superbösewicht das Genick. Er steht nicht 50 Minuten lang am Strand und tanzt zu Skrillex. Der Exzess droht seiner Natur nach die Handlung zum Stillstand zu bringen und wird deswegen, abgesehen von einschlägigen Genres oder Arthouse-Produktionen, gebändigt und in verträglichen Dosen verabreicht.

Seltener als exzessive Gewalt oder Sex dominieren Partys ganze Filme. Brutal oder erotisch kann es auch hier zugehen, doch mit ihrer hedonistischen Mischung aus Euphorie und Destruktion bilden sie ein Element des Chaos, das sich deutlich schwerer über längere Zeit in eine Handlung integrieren lässt. Gewalt führt in der Regel zu etwas (jemand geht), Sex ebenso (jemand kommt). Ausgelassenes Feiern dagegen wird meist als Belohnung für die Helden gebraucht oder als Aufhänger für Treffen, Zerwürfnisse, Versöhnungen. Orgiastische Partys finden sich in der Filmgeschichte einige, doch die Linie, die sich von Hangover bis hin zu The Wolf of Wall Street ziehen lässt, verdient gesonderte Beachtung.

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